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Samstag, November 23, 2024

Eigener Perfektionismus als Hauptgrund für Arbeitsstress

Die Zahl der krankheitsbedingten Ausfälle aufgrund psychischer Erkrankungen hat einen Höchststand erreicht. Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass der eigene Perfektionismus der größte Stressfaktor bei der Arbeit ist. Besonders Frauen sind betroffen und kämpfen häufiger mit psychischer Belastung als ihre männlichen Kollegen.

Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) fühlen sich 43 Prozent der Berufstätigen häufig stark unter Druck gesetzt – jeder siebte Befragte sogar sehr häufig. Weitere 43 Prozent erleben gelegentlich Stress im Job. Die Mehrheit der Betroffenen, etwa 65 Prozent, gibt an, sich vor allem durch den eigenen Perfektionismus unter Druck zu setzen.

Die Umfrage wurde vom Meinungsforschungsinstitut Forsa durchgeführt. Vom 1. bis 8. Juli 2024 wurden bundesweit 1001 berufstätige Personen im Alter von 18 bis 70 Jahren befragt.

Zeitdruck und hohe Erwartungen als Stressfaktoren

Neben dem eigenen Perfektionismus spielt auch Zeitdruck eine große Rolle. 62 Prozent der Befragten gaben an, unter Zeitdruck zu leiden. Weitere 40 Prozent nannten die Erwartungen anderer als Grund für ihren Stress. Hohe Leistungsanforderungen (32 Prozent) und Überstunden (36 Prozent) tragen ebenfalls wesentlich zur Belastung bei. Fast jede*r Vierte fühlt sich durch Schwierigkeiten bei der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben (27 Prozent) oder ein zu niedriges Gehalt (23 Prozent) zusätzlich gestresst. Auch schlechte Teamstimmung und Mobbing (21 Prozent) sowie Kontrolle durch Vorgesetzte wurden als Stressquellen genannt.

Steigende Zahlen bei stressbedingten Ausfällen

Laut der KKH-Umfrage ist jeder vierte Berufstätige (28 Prozent) bereits wegen stressbedingter Belastungen im Arbeitsleben ausgefallen. Die Fehltage aufgrund psychischer Probleme wie akuten Belastungsreaktionen und Anpassungsstörungen nehmen seit Jahren zu. Im ersten Halbjahr 2024 wurden 109 Fehltage pro 100 ganzjährig versicherte KKH-Kunden registriert, im Vergleich zu 105 Tagen im Vorjahreszeitraum. Zum Vergleich: 2019 waren es noch 75 Fehltage.

Auch bei depressiven Episoden zeigt sich ein deutlicher Anstieg. Zwischen 2019 und 2024 stiegen die Fehltage von 89 auf 102 pro 100 Versicherte. Burn-out, oft als Vorstufe oder Begleiterscheinung anderer seelischer Erkrankungen diagnostiziert, verursachte 2023 elf Tage pro 100 Erwerbstätige, im ersten Halbjahr 2024 zehn Tage. Dieser Anstieg zeigt, dass das sogenannte „Ausbrennen“ ein schleichender Prozess ist: Betroffene fühlen sich zu Beginn oft leistungsstark, geraten aber ohne ausreichend Erholung in eine Abwärtsspirale aus Überforderung und Erschöpfung.

Frauen häufiger gestresst als Männer

Frauen sind laut der Umfrage häufiger von Stress betroffen als Männer. 20 Prozent der befragten Frauen gaben an, sich sehr häufig gestresst zu fühlen, bei den Männern waren es nur elf Prozent. Arbeitspsychologin Antje Judick von der KKH erklärt, dass der immense Druck, sowohl im Beruf als auch in der Rolle als Mutter zu glänzen, viele Frauen stark belastet.

Die Krankenkasse betont, dass die Fehlzeiten aufgrund psychischer Erkrankungen seit 2017 kontinuierlich steigen. Damals wurden 298 Krankheitstage pro 100 Berufstätige registriert, im Jahr 2023 waren es bereits 388 Tage – der bisher höchste Wert.

Das Fazit der KKH-Umfrage: Psychische Belastungen durch Perfektionismus und steigende Arbeitsanforderungen haben drastische Folgen für die Gesundheit der Beschäftigten. Maßnahmen zur Stressbewältigung und eine bessere Balance zwischen Berufs- und Privatleben sind dringend erforderlich, um dem entgegenzuwirken.

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